Transcription

StudieChancen in Subsahara Afrika nutzenim Auftrag desMinisteriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-WürttembergAutor: Prof. Dr. Philipp von CarlowitzESB Business SchoolHochschule ReutlingenInstitut für Neue Märkte (InNeMa GmbH)Im Rotbad 1772076 TübingenTelefon: 49-(0)176-103 523 76E-Mail:[email protected]: 11.06.2018

InhaltsverzeichnisAbbildungsverzeichnis . 3Abkürzungsverzeichnis . 41.Relevanz Subsahara Afrikas und Bedeutung für Unternehmen . 62.Aktuelle Situation und Entwicklungen in Subsahara Afrika . 102.1.Entwicklungen in der Region Subsahara Afrika . 102.2.Fokusländer: Wirtschaftliche Situation und Entwicklung . 132.3.Fokusbranchen: Situation und Aktivitäten der baden-württembergischen Firmen . 15Trends in Subsahara Afrika und die Bedeutung für Unternehmen . 193.3.1.Wirtschaftstransformation, Diversifizierung und Deregulierung . 193.2.Demographischer Wandel, wachsende Mittelklasse und Bildung . 203.3.Urbanisierung . 223.4.Technischer Fortschritt und Digitalisierung . 233.5.Bedeutung der Trends für Geschäftsaktivitäten in Subsahara Afrika. 25Herausforderungen bei geschäftlichen Aktivitäten . 274.4.1.Herausforderungen aus Literatur und Studien . 274.2.Herausforderungen aus durchgeführten Interviews mit IHKs und AHKs . 294.3.Herausforderungen aus der Befragung von Unternehmen . 305.Zusammenfassung . 346.Literatur . 35Anhang . 381.Anhang: Methodik zur Priorisierung der Länder . 382.Anhang: Länderprofile . 402

AbbildungsverzeichnisAbbildung 1- Übersicht der 14 interessantesten Länder . 8Abbildung 2 - BIP Wachstum nach Regionen in Subsahara Afrika (2016-2018) .10Abbildung 3 - BIP Struktur 2015 nach Region .11Abbildung 4 - Jährliche Wachstumsraten der BIP-Komponenten 2000-2015 (CAGR) .11Abbildung 5 - Güterimporte von Afrika nach Branchen 2010-2016 (CAGR, in nom. USD) .12Abbildung 6 - Jährliche Wachstumsraten der BIP-Komponenten 2010-2015 (CAGR) .14Abbildung 7 - Baden-Württembergische und deutsche MaschinenbauExporte in die Fokusländer 2016.16Abbildung 8 - Baden-württembergische und deutsche KFZ und -TeileExporte in die Fokusländer 2016.17Abbildung 9 - Baden-württembergische und deutsche ChemieExporte in die Fokusländer 2016.17Abbildung 10 - Baden-württembergische und deutsche PharmaExporte in die Fokusländer 2016.18Abbildung 11 - Strukturelle Transformation in SSA nach Region 2000-2015 .20Abbildung 12 - IKT Kriterien Subsahara Afrika vs. Weltdurchschnitt 2016 .24Abbildung 13 – Bewertung der Herausforderungen im Subsahara Afrikageschäft .31Abbildung 14 – Bewertung von Unterstützungsmaßnahmen im Subsahara Afrikageschäft .32Abbildung 15 - Grobe Filterkriterien .38Abbildung 16 – Ergebnisse des Scoring Modells .39Abbildung 17 – Annahmen für die Gewichte des Scoring Modells .393

BMZBosch WFJ.kbit/sKfWKfZLDCLKWLPILSCILTE/WiMaxM2MMBAfrican Development Business-to-Government ndsproduktBundesministerium für Wirtschaft und EnergieBundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und EntwicklungBosch Power ToolsBruttowertschöpfungCompound Annual Growth Rate (jährliche Durchschnittswachstumsrate)Chief Executive OfficerCountry Policy and Institutional AssessmentDeutscher Akademischer AustauschdienstDoing BusinessDeutsche Investitions- und onenDifferenzdiverseDistance To FrontierEinkommenEase of Doing BusinessEuropean Parliamentary Research ServiceEntwicklungszusammenarbeitDeutsche Gesellschaft für Internationale ZusammenarbeitGross National Income (Bruttonationaleinkommen / Bruttovolkseinkommen)großeGermany Trade and InvestHuman Development IndexInformation and Communications TechnologyICT Development IndexIndustrie- und HandelskammerInformations- und KommunikationstechnikInternational Labour OrganizationInternational Monetary FundInternational Renewable Energy AgencyInternational Telecommunication UnionInternationaler WährungsfondsJahreKilobit pro SekundeKreditanstalt für WiederaufbauKraftfahrzeugLeast Developed Countries (am wenigsten entwickelte Länder)LastkraftwagenLogistics Performance IndexLiner Shipping Connectivity IndexLong Term Evolution / Worldwide Interoperability for Microwave AccessMachine-to-MachineMaschinenbau4

Mio.Mrd.OECDo. illionenMilliardenOrganisation for Economic Co-operation and Developmentohne Jahrper annumPersonenkraftwagenPurchasing Power Parity (Kaufkraftparität)PricewaterhouseCoopers AGSubsahara Afrika Initiative der Deutschen WirtschaftSustainable Development GoalsSubsahara AfrikaSubscriptions (Abonements)TausendUnited NationsUnited Nations Conference on Trade and DevelopmentUnited Nations Development ProgrammeUnited Nations Economic Commission for AfricaUnited Nations Educational, Scientific and Cultural OrganizationUnited Nations Human Settlements ProgrammeUnternehmenVerband Deutscher Maschinen- und AnlagenbauverfügbarVolkswagenWertzuwachsWorld Trade Organization5

1. Relevanz Subsahara Afrikas und Bedeutung für UnternehmenAfrika besteht aus 54 sehr heterogenen Ländern aus geographischer, ethnographischer,wirtschaftlicher und politischer Sicht. Davon machen 48 Länder das sogenannte SubsaharaAfrika aus. Diese Länder unterschieden sich auf vielen Ebenen: 16 Länder sind sogenannte „landlocked“ Länder, d.h. haben keinen MeerzugangDie Bevölkerung schwankt von 92.000 (Seychellen) bis 180 Millionen (Nigeria)Das reale BIP 2016 variiert von 256 Millionen USD (Sao Tomé) bis 456 MilliardenUSD (Nigeria)Die menschliche Entwicklungssituation wie vom Human Development Index 2015 gemessen reicht von sehr niedrigen 0,352 (Zentralafrikanische Republik) bis hoch zu0,781 (Seychellen; gleiches Niveau wie China);Die offizielle Arbeitslosigkeit liegt in Benin bei 1,1% und in Gambia bei 29,7%Der Anteil der ländlichen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung schwankt von12,6% (Gabun) bis zu 87,6% (Burundi) (World Bank, o. J. a; UNDP, 2016).Diese Heterogenität impliziert für Unternehmen eine genaue Analyse der Märkte und spezifische Marktbearbeitungsansätze.Betrachtet man Subsahara Afrika als Region, so ist sie die Dynamischste weltweit. Bis 2050wird sich die Bevölkerung ganz Afrikas verdoppeln. Mit 4,9% Wirtschaftswachstum war derKontinent die am zweitschnellsten wachsende Region 2000-2016 (nur Südasien wuchs mit6,8% schneller) und die Prognosen sind ähnlich hoch. Die Region weist das zweithöchsteWachstum der Urbanisierungsrate auf und der Anteil der städtischen Bevölkerung ist zwischen 2010 und 2016 um 7,5%-Punkte gestiegen (Weltbank, o.J.). Beim Human Development Index hat Afrika die dynamischste Verbesserung weltweit mit 1,5% jährlicher Verbesserung zwischen 2000 und 2015 (UNDP, 2016).Betrachtet man bei den gleichen Indikatoren die absoluten Größen, so kann Afrika nur beider Bevölkerung seine Position halten. Beim Anteil am weltweiten BIP (real, 2010 USD) liegtAfrika mit 2,2% auf dem letzten Platz aller Regionen, der Urbanisierungsgrad mit 38% derBevölkerung ist der vorletzte bei den Regionen und das Niveau des HDI-Indexwertes 1 liegtmit 0,523 deutlich auf dem letzten Platz. Dies bedeutet, dass Afrika aus Unternehmenssichtaufgrund des Wachstums und nicht aufgrund der Größe der Märkte interessant ist. Dass esum Zukunftsmärkte geht, muss bei Unternehmensentscheidungen berücksichtigt werden.Betrachtet man die Rolle Afrikas und insbesondere die von Subsahara Afrika für die deutsche Wirtschaft, so zeigt sich ein ähnliches Bild: Der Exportanteil nach Afrika gesamt liegtseit 15 Jahren um 2% des deutschen Gesamtexports. Nur für Subsahara Afrika (inkl. Südafrika) schwankt der Wert um 1,1% in der gleichen Periode. Betrachtet man die deutschen Direktinvestitionen in Afrika, so liegt der Wert 2015 mit 7,7 Mrd. Euro bei einem Anteil an denweltweiten Direktinvestitionen von nur 0,5%; rechnet man die 4,5 Mrd. Euro, die nach Südafrika fließen heraus, so bleibt ein Anteil von 0,23%. In Anzahl an Unternehmen ausgedrückt,die mit einem Bilanzwert größer drei Millionen in Afrika investiert sind, liegt der Wert seit dreiJahren leicht über 800 Unternehmen mit 813 in 2015. Rechnet man hier wieder Südafrika mit399 Unternehmen heraus und auch Nordafrika, so bleiben für gesamt Subsahara Afrika1HDI steht für Human Development Index. Dieser Index beschreibt den menschlichen Lebensstandard. Er umfasst neben wirtschaftlichen Indikatoren auch Informationen zu z. B. Bildung und Lebenserwartung. Der Index hat Werte zwischen 0 und 1, wobei 1 den höchsten Lebensstandard bedeutet6

(ohne Südafrika) knapp über 200 Unternehmen (Deutsche Bundesbank, 2017). Somit istdeutlich, dass deutsche Unternehmen, trotz aller Ungenauigkeiten der Statistiken 2, bishernur geringe Aktivitäten in der Subsahara Afrika Region entfalten.Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Märkte in Subsahara Afrika nicht aufgrund von Größe,sondern aufgrund der hohen Dynamik zu betrachten sind. Es sind keine Massenmärkte, dieaktuell abgeschöpft werden können, sondern Zukunftsmärkte, die entwickelt und strategischangegangen werden müssen. Aufgrund der beschränkten Erfahrung der deutschen und baden-württembergischen Industrie mit den Märkten Afrikas, insbesondere Subsahara Afrikas,sowie ihres Status als sogenannte „Frontier-Märkte“ sind die Informationen und praktischenErfahrungen noch nicht sehr ausgeprägt. Mangelnde Information ist eine Ursache für eineZurückhaltung beim Markteintritt bzw. Ausbau von geschäftlichen Aktivitäten (vgl. Carlowitz,2016). Gerade die widersprüchlichen zugänglichen Informationen – z. B. in der Presse dominieren Katastrophenmeldungen, während Unternehmensberatungen positive Überschriftensenden – erschweren es den Unternehmen, sich ein klares Bild über Chancen und Risikender afrikanischen Märkte zu bilden.Die angeführte Vielfalt und Heterogenität des afrikanischen Kontinents führt zu einer differenzierten Betrachtung zwischen Nord- und Subsahara Afrika. Nordafrika mit den engen (kulturellen) Verbindungen zum Mittleren Osten sowie der Nähe zu Europa spielt eine Sonderrolleim afrikanischen Kontext. Ein Großteil der Unternehmen bearbeitet die nordafrikanischenLänder entweder aus Frankreich direkt heraus (vor allem die ehemaligen französischen Kolonien) oder aus dem Mittleren Osten aufgrund der kulturellen und auch teilweise geographischen Nähe. Dies gilt in nur geringem Maße für die Länder südlich der Sahara. Teilweisewird die Steuerung der Geschäfte in Subsahara Afrika aufgrund der guten Flugverbindungenaus Dubai heraus durchgeführt, aber noch häufiger werden die Geschäftsaktivitäten direktaus Europa oder Südafrika geleitet. Nordafrika hat auch im Zusammenhang mit Baden-Württemberg eine Sonderrolle: Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Bundesland undvielen Ländern des nördlichen Afrikas weisen bereits eine gewisse Kontinuität auf. Da diesnoch nicht in gleichem Maße für die Länder in Subsahara Afrika gilt, konzentriert sich dieseStudie auf Subsahara Afrika und wie diese Märkte besser zu erschließen sind.Die Bewertung der Länder in Subsahara Afrika wurde basierend auf über 20 Kriterien durchgeführt. In einem ersten Schritt wurden Länder ab einer Bevölkerungsgröße von mehr als 2Mio. Einwohnern, einem War Risk Index3 oberhalb der schlechtesten Kategorie (die Kriegentspricht), mit einem Ease of Doing Business Index außerhalb der schlechtesten 20 Länderweltweit, einem BIP größer als 14 Mrd. USD 4 sowie einem absoluten (in USD ausgedrückt)Wirtschaftswachstum oberhalb der 3 Mrd. USD (2011-2016) weiter berücksichtigt. Das Ergebnis waren 14 Länder: Äthiopien, Botswana, Côte d’Ivoire, Ghana, Kamerun, Kenia,2So exportieren einige deutsche Unternehmen ihre Produkte aus anderen Fertigungen in der Welt,was zwar in den Gewinn- und Verlustrechnungen der Unternehmen zu erkennen ist, aber nicht in derterritorial basierten Außenhandelsstatistik. Des Weiteren verkaufen einige deutsche Unternehmen aninternational agierende Exporteure oder Distributoren, die dann die deutschen Produkte weiter nachAfrika exportieren. So gibt es für das Westafrika-Geschäft gerade im Libanon viele starke Distributoren. Somit ist es wahrscheinlich, dass die tatsächlichen deutschen Exportaktivitäten etwas unterschätzt sind.3War Risk Index: Externe und inländische politische Gewalt, z. B. Terrorismus, interne Rassenunruhen, etc. Interpretation: 1 niedrig, 7 hoch4 Die Grenze wurde bei 14 Mrd. gelegt, weil es bei diesem Wert einen größeren Sprung zur nächstgrößeren Volkswirtschaft gab.7

Mosambik, Namibia, Niger, Nigeria, Senegal, Südafrika, Tansania und Uganda. Die Eckdaten dieser Länder sind in Abbildung 1 dargestellt.Abbildung 1- Übersicht der 14 attraktivsten Länder8

Diese 14 Länder wurden mit einem Scoring-Model, basierend auf 20 Kriterien, erneut bewertet. Die Kriterien wurden in folgende drei Themen strukturiert:1) Makroökonomische Stabilität (politisch, wirtschaftlich)2) Marktattraktivität und3) bestehende Bedeutung für die Wirtschaft aus Baden-Württemberg (vgl. Anhang 1 fürMethodik und Details).Daraus resultieren 6 Fokusländer, die besonders interessant für die baden-württembergischen Unternehmen sind:1) Äthiopien, 2) Ghana, 3) Kenia, 4) Mosambik, 5) Nigeria und 6) Südafrika.Diese Fokusländer sind, bis auf Äthiopien, auch unter den von 80 CEOs in einer PricewaterhouseCoopers-Umfrage genannten Top 10 der afrikanischen Länder (PwC, 2017:3). DieseFokussierung auf die sechs Länder bedeutet nicht, dass es nicht auch in anderen SubsaharaAfrika Märkten sehr gute Geschäftsmöglichkeiten in verschiedenen Branchen gibt. Die Fokusländer zeichnen sich insbesondere durch eine größere Schnittmenge mit den wichtigenBranchen aus Baden-Württemberg aus. Bzgl. der relevanten Branchen wurde eine Auswertung der Bruttowertschöpfungsdaten in Baden-Württemberg sowie der aktuellen baden-württembergischen Exportzahlen nach Afrika aufgegliedert in Branchen durchgeführt. Es werdendarauf basierend folgende Branchen in den Mittelpunkt dieser Studie gestellt:1) Kraftfahrzeuge und -teile, 2) Maschinenbau, 3) Chemie und 4) Gesundheitssektor(pharmazeutische Produkte, Medizintechnik).Diese Schwerpunktsetzung schließt andere Branchen und Sektoren, für die ebenfalls Marktchancen bestehen nicht aus, z.B. Planungs- und Ingenieurleistungen sowie innovative Umwelt- und Energietechnologien.Ziel dieser Untersuchung ist es erstens, ein realistisches Bild der geschäftlichen Situation inSubsahara Afrika und den Fokusländern zu zeichnen. Zweitens werden, basierend auf derSituation und den Entwicklungen in Subsahara Afrika sowie den sich abzeichnenden Trends,die operativen Herausforderungen für deutsche/baden-württembergische Unternehmen, abgeleitet, die ein Engagement insbesondere von mittelständischen Unternehmen in Subsahara Afrika behindern.9

2. Aktuelle Situation und Entwicklungen in Subsahara Afrika2.1.Entwicklungen in der Region Subsahara AfrikaAfrika und insbesondere Subsahara Afrika haben in den letzten 10 Jahren ein außerordentliches Wirtschaftswachstum verzeichnet und auch die prognostizierte Entwicklung ist positivfür die Region. Die Prognosen im African Economic Outlook 2017 liegen bei 3,4% und 4,8%für die Jahre 2018 und 2019 (AfDB; OECD; UNDP, 2017: 23ff) was in etwa den Langfristprognosen des Internationaler Währungsfonds (IWF) entspricht (IMF, o. J.). Jedoch ist dasWirtschaftswachstum regional sehr verschieden, wie folgende Abbildung zeigt:76in %543210201620172018Avg. 3,1SSA1,73,44,63,2Abbildung 2 - BIP Wachstum nach Regionen in Subsahara Afrika (2016-2018)Quelle: AfDB; OECD; UNDP (2017: 36)Ostafrika ist die stabilste Wachstumsregion. Dies liegt u. a. an der geringen Rohstoffabhängigkeit der Länder und der damit einhergehenden relativ diversifizierten Wirtschaftsstruktur.Westafrika (vor allem Nigeria) und das südliche Afrika (vor allem Südafrika) bremsen dasWachstum der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung von Subsahara Afrika.Betrachtet man die Wirtschaftsstrukturen in den Regionen, so sieht man erhebliche Unterschiede. Ostafrika ist ein großer Importmarkt und wird stark durch Privatkonsum und Investitionen (u. a. Direktinvestitionen) getrieben. Das südliche Afrika und Westafrika sind ähnlichstrukturiert mit Ausnahme der Staatsausgaben und der Handelsbilanz. Aufgrund eines besser funktionierenden Steuersystems in Südafrika sind die Möglichkeiten der staatlichen Fiskalpolitik größer als in Westafrika, wohingegen Westafrika aufgrund der hohen Ölvorkommenin 2015 noch einen deutlichen Handelsbilanzüberschuss ausweisen konnte.10

72%65%58%63%39%15%Ostafrika21% 23%23%6%9%21%8%ZentralafrikaSüdliches ung 3 - BIP Struktur 2015 nach RegionQuelle: UNCTAD (o. J. a)Die Jahre 2015 und 2016 waren für viele afrikanische Volkswirtschaften schwierig, insbesondere für die rohstoffexportierenden Länder aufgrund der niedrigen Rohstoffpreise, allen voran dem Öl- und Gaspreis. Diese Weltmarktpreisentwicklungen haben vor allem die Länderaus Westafrika sowie des südlichen Afrikas betroffen.Die Wachstumstreiber der meisten Volkswirtschaften in Subsahara Afrika waren der Privatkonsum sowie steigende Staatsausgaben. Privatkonsum ist in Ostafrika mit 6% p.a. und inWestafrika mit 5,6% p.a. (CAGR) 5 im Zeitraum 2000-2015 gewachsen. Diese hohe Wachstumsrate in Ostafrika sowie der hohe Anteil des Privatkonsums (vgl. Abbildung 3) am BIPweisen auf eine nennenswerte bestehende (und wachsende) Mittelschicht hin. Das Wachstum der Staatsausgaben wurde von Westafrika mit einem jährlichen Wachstum von 9,3% 6gefolgt von Ostafrika mit 6,5% angeführt. Dies ist größtenteils auf diverse Infrastrukturprojekte in beiden Regionen zurückzuführen. Im südlichen Afrika und Zentralafrika wuchsenbeide BIP-Komponenten mit jeweils ca. 3,5% (Abbildung 4).11,3%OstafrikaZentralafrikaSüdliches ,8%9,0%9,0%7,3% 6,7% 7,1%6,2%7,0% 6,6%5,7%6,0% 4,9%5,9%5,8%5,6%4,8%3,9%4,0% 4,4% 3,7%3,5%2,5%AfrikaAbbildung 4 - Jährliche Wachstumsraten der BIP-Komponenten 2000-2015 (CAGR)Quelle: UNCTAD (o. J. a)5 CAGR ist die Abkürzung für Compound Annual Growth Rate. Es bezeichnet die geometrisch ermittelte, jährliche Wachstumsrate in einer Zeitperiode.6 Die Staatsausgaben sind in Nigeria aufgrund der hohen Abhängigkeit der Staatseinnahmen von derÖl- und Gasindustrie 2016 um 31% eingebrochen, was den Gesamtwert der Region senkt. Für diekommenden Jahre ist eine langsame Erholung der Staatseinnahmen prognostiziert (IMF, o. J.).11

In den letzten 15 Jahren sind die Investitionen in Kenia um erstaunliche 11,3% p.a. gestiegen, was zu den höchsten Wachstumsraten weltweit gehört. Dies belegt, dass diversifizierteVolkswirtschaften für Investitionen und Direktinvestitionen attraktiv sind und nicht alle Investitionen in den Bereich natürliche Ressourcen gehen.Außenhandelsseitig sind alle Regionen importgetrieben. Die Dynamik der Importe ist höherals die der Exporte. In Abbildung 3 ist zu erkennen, dass alle Regionen bis auf Westafrikaein Handelsbilanzdefizit aufweisen. Dies deutet auf zwei Dinge hin: Erstens existiert einNachfrageüberhang im Bereich vieler Branchen, sowohl im Kapital- als auch Konsumgüterbereich aufgrund weniger nationaler Wettbewerber. Zweitens indiziert der überproportionaleImportanstieg für einige Branchen, die an die Endverbraucher liefern (z. B. Konsumgüter,Bekleidung), eine wachsende Mittelklasse. Ein anhaltendes Handelsbilanzdefizit bei gleichzeitig beschränkten Kapitalzuflüssen führt in vielen Ländern zu einer Devisenknappheit.Betrachtet man die Struktur der Güterimporte nach Branchen sowie deren Wachstum von2000 bis 2016 (vgl. Abbildung 5) so sieht man, dass Kapitalgüter (Maschinen und Transportausrüstung, immerhin 1/3 aller Importe) unterproportional zu allen Güterimporten gewachsen sind. Das hat zu einer Verringerung des Anteils an den gesamten Güterimportenvon 5,8 Prozentpunkten seit 2000 geführt (WTO, o. J.). Diese Entwicklung beeinträchtigt diezukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Länder.Alle Güter (480,6 Mrd USD)Wissen. & Mess Instrum. (7,2 Mrd USD)Persönl.- & Haushalstgüter (10,4 bn USD)Bekleidung (12,3 Mrd USD)Textilen (18,3 Mrd USD)Sonst Machinen (70,6 Mrd USD)Sonst Transportausrüst. (18,3 Mrd USD)Automotbil Produkte (34,8 Mrd USD)Transport Ausrüstung (53,1 Mrd USD)Telekom. Ausrüstung (14,1 Mrd USD)Datenverarb. & Büroausrüst. (5,2 Mrd USD)Büro- & Telekom. Ausrüst. (20,9 Mrd USD)Masch. & Transp. Ausrüst. (144,6 Mrd Sonst halbfertige Produkte (42,2 Mrd USD)Sonst. Chemikalien (40,0 Mrd USD)Pharma. Produkte (15,6 Mrd USD)Chemikalien (55,6 Mrd USD)Eisen & Stahl (16,8 Mrd USD)Verarb. Produkte (325,5 Mrd USD)Energie- & Bergb. Produkte (57,3 Mrd USD)Lebensmittel (74,2 Mrd USD)Landwirt. Produkte (80,4 Mrd ildung 5 - Güterimporte von Afrika7 nach Branchen 2010-2016 (CAGR, in nom. USD)Quelle: WTO (o.J.)7Es wurden keine branchenspezifischen Daten für Subsahara Afrika gefunden, deshalb hier die gesamtafrikanische Sicht.12

Subsahara Afrika weist zwischen 2000 und 2015 ein solides Wachstum im Außenhandel miteiner durchschnittlichen Wachstumsrate für Exporte von 3,7% p.a. und Importen mit doppeltso hohen 7,5% auf. Für die Jahre 2017-2022 erwartet der IWF solide 5% p.a. für Importe undExporte von Gütern und Dienstleistungen (IMF, o. J.). Betrachtet man die Exportstruktur alseinen Indikator für Diversifizierung, so stellt man fest, dass die Anteile des verarbeitendenGewerbes und der Landwirtschaft beide gestiegen sind (WTO, o. J.). Trotz dieser positivenEntwicklung ist das Ausmaß der Differenzierung für Afrika nach wie vor überschaubar. Somachen im Durchschnitt in Afrika 11 Produkte 75% der Exporte aus, wobei Rohöl alleine mit44% zu Buche schlägt. In Nigeria hängen 77% der Exporteinnahmen am Rohölexport und inAngola sind es sogar 91% (AfDB; OECD; UNDP, 2017).Eine Diversifizierung ist auch im Bereich der Direktinvestitionen festzustellen. Die Direktinvestitionszuflüsse nach Subsahara Afrika sind seit 2012 jedes Jahr gesunken; in 2016 beliefen sie sich auf 44 Mrd. USD. Die Prognosen für die Jahre 2017 und 2018 deuten aber aufeinen Anstieg hin (UNCTAD, 2017: 46). Die regionale Verteilung der Direktinvestitionen (inUSD) zeigt, dass Ostafrika zwischen 2010 und 2016 seinen Anteil um 6,7 Prozentpunkte erhöhen konnte (das entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von 4,9%). Dies ging vor allemauf Kosten von Südafrika (- 4,7 Prozentpunkte) und West- und Zentralafrika (jeweils -1 Prozentpunkt). Trotz des Anteilverlustes fanden mit Abstand die meisten Direktinvestitionsprojekte (Anzahl) 2016 in Südafrika (105 Projekte, fast 25% aller Projekte in Subsahara Afrika)statt. Allerdings waren die Projekte im Durchschnitt kleiner, da wertmäßig die Direktinvestitionszuflüsse zwischen 2000 und 2016 um 7,5% p.a. gesunken sind (Analyze Africa, 2017: 4;6). Betrachtet man die Industrien, in die die Direktinvestitionen fließen, so stellt man eine Abnahme bei den ressourcenbasierten Branchen fest und einen Anstieg vor allem im Bereichder Dienstleistungen. Nur 4,2% aller in 2016 angekündigten Direktinvestitionsprojekte (25Projekte) für Gesamtafrika gingen in den Bereich Energieträgerbranche, wobei der wertmäßige Anteil mit 13,4% (12,4 Mrd. USD) deutlich höher lag (weil i. d. R. Großprojekte). Weiterewichtige Branchen, die nennenswerte Direktinvestitionszuflüsse verzeichneten, sind die erneuerbaren Energien (42 Projekte, 8,9 Mrd. USD), Chemie (20 Projekte, 4,7 Mrd. USD), Maschinenbau (24 Projekte), Lebensmittelverarbeitung (24 Projekte) und Automobilindustrie(2,3 Mrd. USD) (Analyze Africa, 2017). Somit ist deutlich, dass ausländische Unternehmenund Investoren begonnen haben, über den Rohstoffsektor hinaus Opportunitäten zu sehen.2.2.Fokusländer 8: Wirtschaftliche Situation und EntwicklungFür diese Studie wurden 6 Fokusländer – Äthiopien, Ghana, Kenia, Mosambik, Nigeria undSüdafrika – definiert (vgl. Kapitel 1). Die Auswahl fiel aus verschiedenen Gründen auf dieseLänder, aber vor allem wegen eines relativ hohen Potentials für die baden-württembergischen Unternehmen einhergehend mit einer relativen politischen und wirtschaftlichen Stabilität. Hier wird nun ein kurzer Überblick über die Situation dieser Länder gegeben.Nigeria (BIP 457 Mrd. USD in 2016) 9 und Südafrika (BIP 419 Mrd. USD in 2016), die beidengrößten Volkswirtschaften in Afrika, haben in den letzten Jahren mit relativ niedrigen Wachstumsraten aufgewartet. Obwohl beide Volkswirtschaften vier- bzw. sechsmal so groß sindwie die dritt- und viertgrößte Volkswirtschaft bei den Fokusländern Kenia (55 Mrd. USD) und89In Anhang 2 finden sich detaillierte Länderprofile der Fokusländer.Alle BIP-Werte sind real zu Preisen von 2010.13

Äthiopien (52 Mrd. USD in 2016), liegen die prognostizierten jährlichen realen Wachstumsraten des IWF für 2016-2022 mit 1,7% (Südafrika) und 1,8% (Nigeria) um einen Faktor vier bisacht niedriger als die der anderen Fokusländer. Im Ergebnis bedeutet dies, dass Äthiopien(38 Mrd. USD) einen höheren absoluten Wachstumswert als Nigeria (36,7 Mrd. USD) hatund Kenia (34,9 Mrd. USD) einen höheren als Südafrika (33,4 Mrd. USD). Ghana undMosambik haben beide hohe Wachstumsraten, legen aber in absoluten Werten aufgrund derdeutlich geringeren Größe der Volkswirtschaft nicht so stark zu. Diese gesamtwirtschaftlicheEntwicklung schlägt sich auch auf das Pro-Kopf-Einkommen in den Ländern nieder. In konstanten USD erwarten vier der Fokusländer ein pro-Kopf Wachstum zwischen 3% (Ghana)und 6% (Äthiopien) für den Zeitraum 2016 bis 2022; nur Nigeria (-1,6%) und Südafrika (0,1%) fallen deutlich ab (IMF, o.J.).Die Wachstumstreiber für das vergangene BIP-Wachstum (2010-2015) werden in Abbildung6 dargestellt.Abbildung 6 - Jährliche Wachstumsraten der BIP-Komponenten 2010-2015 (CAGR)Quelle: UNCTAD (o. J. a)Bei der Betrachtung wird deutlich, dass vor allem Äthiopien und Mosambik, aber auchGhana, deutlich bei den Investitionen zugelegt haben. In allen Ländern mit Ausnahme vonNigeria sind die Staatsausgaben ein wichtiger Wachstumsfaktor, was mit der starken Rolledes Staates in wirtschaftlichen Aktivitäten zu tun hat. So sind viele Krankenhäuser und Energieversorger in staatlicher Hand. Außerdem wurde in den letzten 5 Jahren mehr in Infrastruktur investiert, was die Staatsausgaben hat wachsen lassen. Nigerias Staatsausgaben sindbis 2013 ebenfalls gewachsen und dann aufgrund des Verfalls des Ölpreises und der Abhängigkeit der Staatseinnahmen vom Öl deutlich gesunken. Es lässt sich ebenfalls zeigen, dassder Konsumanstieg in den Ländern die Importe stark anwachsen lässt. Das führt de facto inallen Ländern zu einem Leistungsbilanzdefizit, bis auf Nigeria, das auch nach 2015 noch einen kleinen Überschuss ausweist (UNCTAD, o. J. a).14

Betrachtet man die sonstigen makroökonomischen Stabilitätsgrößen, so ist in allen Länderndie Inflation auf mittlerem stabilen oder leicht sinkendem Niveau (5%-14%). Für Ghana undMosambik werden für die kommenden fünf Jahre deutliche Inflationssenkungen erwartet. Diezentrale Haushaltssituation der Regierungen ist defizitär, wobei Ghana und Kenia mit jeweilsüber 8% vom BIP Neuverschuldung in 2016 Spitzenreite

CEO Chief Executive Officer . . EZ Entwicklungszusammenarbeit . giz Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit . . Liner Shipping Connectivity Index . LTE/WiMax Long Term Evolution / Worldwide Interop